Günther Nussbaum
Der Hausbau ist nicht nur eine emotionale, sondern auch eine ökonomische Entscheidung. Im Zeitalter der Energieeffizienz wird es immer wichtiger, nachhaltige und zukunftsweisende Maßnahmen zu ergreifen. Günther Nussbaum, einem ausgewiesenen Experten im Bereich Bausachverständiger und bekannt aus der ATV-Serie „Pfusch am Bau“, teilt in diesem Interview sein Fachwissen zu energiesparendem Bauen und gibt wertvolle Ratschläge für angehende Hausbesitzer.
RX Austria & Germany: Warum ist es Ihrer Meinung nach so wichtig, beim Hausbau auf energiesparende Maßnahmen zu setzen, und welche langfristigen Vorteile ergeben sich daraus für Hausbesitzer?
Günther Nussbaum: Energiesparmaßnahmen sind eine der wenigen Investitionen, die ab Tag 1 wieder stückweise zurückkommen. Ich habe meinen Hauskeller mit 40cm XPS-Platten gedämmt. Aber Vorsicht, eine Fassadendämmung rechnet sich auch nur dann in kurzer Zeit, wenn die Fassade ohnehin sanierungsbedürftig war. Dann muss man die Gerüst- und Baustellenkosten nicht alleine der Dämmung zu rechnen.
Energiesparen ist ein breites Thema. Könnten Sie uns einige konkrete Baumaßnahmen oder Technologien empfehlen, die sich besonders effektiv auf den Energieverbrauch eines Hauses auswirken?
Günther Nussbaum: Das beginnt schon bei der Errichtung, viele Heizungen sind hydraulisch nicht richtig eingestellt oder die Vorlauftemperatur ist zu hoch. Da können schon wenige Handgriffe 10-15% Energie sparen! Aber der Klassiker sind Dämmmaßnahmen, wo keine Energie verloren geht, spart man in Folge Geld.
In Bezug auf Materialwahl beim Hausbau gibt es viele Optionen. Welche Baustoffe oder Isolationsmaterialien eignen sich Ihrer Meinung nach besonders gut, um den Energieverbrauch zu minimieren, und worauf sollten Bauherren dabei achten?
Günther Nussbaum: Darüber könnte man Bücher schreiben. Der Österreicher ziegelt gerne, wobei wir heute mit Hochlochziegeln mehr Probleme haben, also beim Holzhaus oder anderen Wandbildern. Meist wird ein Mauerwerk mit Dämmstoffen kombiniert, aber der U-Wert ist nicht alles, besser ist gleich eine dicke Wand, auch wenn der U-Wert etwas geringer ist. Wärmespeicherung funktioniert bei massiven Bauteilen besser als bei beispielsweise Styropordämmstoffen.
Wir hören oft von Passivhäusern. Können Sie uns erklären, wie ein Passivhaus funktioniert und welche Vorteile es im Hinblick auf Energieeffizienz bietet? Gibt es bestimmte Situationen, in denen ein Passivhaus besonders empfehlenswert ist?
Günther Nussbaum: Passivhäuser sind immer empfehlenswert, oder zumindest Bauweisen mit passivhaustauglichen Bauteilen. Der heutige Baustandard liegt vom Passivhaus nicht mehr weit weg. Das „echte Passivhaus“ benötigt keine Heizung mehr, im Idealfall sehe ich ein Passivhaus in Kombination mit Infrarotheizung, PV-Anlage und Stromspeicher. Besser geht es dann kaum noch.
Im Kontext erneuerbarer Energien denken viele Menschen an Solaranlagen. Inwieweit spielen solche Technologien eine Rolle beim Energiesparen beim Hausbau, und welche Faktoren sollten berücksichtigt werden, wenn man Solarenergie in Betracht zieht?
Günther Nussbaum: Solarthermische Anlagen, also Sonne mit Wasser, empfehle ich nicht mehr. Da nutze ich lieber jeden Platz am Haus oder im Garten für PV-Module und erzeuge meinen eigenen Strom. Und da braucht es nicht immer die Südausrichtung. Heutige Module sind viel günstiger geworden, PV-Module rechnen sich heute sogar schon mit Stromspeichern nach rund 13 Jahren. Bei steigenden Energiekosten auch früher! Aber wozu so hart nachrechnen? Rechnet sich eine Gas- oder Pelletsheizung? Nein!
Ein häufig vernachlässigter Aspekt ist sicherlich die Belüftung eines Hauses. Wie können Bauherren sicherstellen, dass ihre Häuser gut belüftet sind, ohne dabei unnötig Energie zu verschwenden? Gibt es innovative Lösungen, die Sie empfehlen können?
Günther Nussbaum: Der Einsatz einer technischen Wohnraumlüftung ist jedenfalls da wichtig, wo man mit schlechter Luft und hohem Lärmpegel zu rechnen hat. Also am Feldrand, an der Straße, am Spielplatz. Und auch da, wo man eher kein Frischluftmensch ist. Unsere Gebäudehüllen sind viel zu dicht geworden, wir ersticken in unseren Wohnungen. Den Schimmel freut es, die Gesundheit schon weniger. Und der Trend geht heute zu dezentralen Lüftungssystemen. Also beispielsweise Einraumlüftungen mit Wärmerückgewinnung, es müssen jedenfalls nicht immer lange Luftleitungen sein.
Energieeffiziente Heizsysteme sind entscheidend. Welche Optionen stehen Bauherren zur Verfügung, und wie können sie das optimale Heizsystem für ihre Bedürfnisse auswählen, insbesondere unter Berücksichtigung von erneuerbaren Energien?
Günther Nussbaum: Gut gedämmt immer eine Luft-Wasser-Wärmepumpe in Kombination mit PV-Modulen und Stromspeicher. Oder eben die Infrarotheizung mit PV und Speicher. Holz ist leider nur dann CO2-Neutral, wenn man ein Holzhaus errichtet. Aber Holzöfen sind auch eine Komfortfrage, eine Frage der Unabhängigkeit. Ich war 15 Jahre gegen Holzöfen, habe mir aber in der Energiekrise 2022 selber 3 Stück angeschafft. Ich möchte nicht von politischen Fehlentscheidungen abhängig sein…
Die finanzielle Seite ist für viele Bauherren von großem Interesse. Welche Investitionen sind notwendig, um ein energieeffizientes Haus zu bauen, und wie lange dauert es in der Regel, bis sich diese Investitionen durch Energieeinsparungen amortisieren?
Günther Nussbaum: Energieautarkes Bauen, PV-Strom so viel als möglich und erlaubt, Regenwassernutzung auch wenn sich das nicht amortisiert und hochwertige Baudetails. Bei letzterem fließt zwar kein Geld zurück, aber auch keines weg. Wer ordentliche Unternehmen und Baudetails beauftragt der spart über 50 Jahre Nutzungsdauer gut und gerne 200.000 Euro. Das rechne ich jedem vor!
Gibt es regionale Unterschiede oder Besonderheiten, die Bauherren bei der Umsetzung energiesparender Maßnahmen berücksichtigen sollten? Welche Rolle spielt beispielsweise das lokale Klima oder die Verfügbarkeit bestimmter Ressourcen?
Günther Nussbaum: Wo ich viele Nebeltage, Wind und weniger Sonne habe, in Tallagen beispielsweise, dämme ich noch stärker und verwende eher speicherfähige Baustoffe. Wo ich mehr Sonne und damit Überschussstrom erwarte, dimensioniere ich PV und Stromspeicher höher. Wo ich mit viel Wintersonne rechnen kann, richte ich Fenstergröße und Lage danach aus.
Abschließend würde mich interessieren, welche Entwicklungstrends Sie in Bezug auf Energiesparen beim Hausbau sehen. Gibt es neue Technologien oder Herangehensweisen, die in Zukunft eine wichtige Rolle spielen könnten?
Die Wirkungsgrade von PV-Modulen erhöhen sich laufend, die Speichertechnologien bei Stromspeichern ebenso. Hier tut sich sehr viel. Die Zukunft ist elektrisch und damit sind auch E-Autos 100% Bestandteil unserer Zukunft. Wer sein E-Auto mit Strom vom eigenen Hausdach tankt, der kann nicht nachhaltiger handeln, ausgenommen man verzichtet ganz auf das Auto. Smart Home ist ein wichtiger Bestandteil guten Energiemanagements und Kleinstwindkraftanlagen für das eigene Hausdach wären die beste Ergänzung für Windlagen. Aber da haben Bürgermeister noch Panikattacken, und die sind meist völlig unbegründet. Die Politik ist jedenfalls gefordert die Stromversorgungsnetze rasch auszubauen. Österreich möchte 2040, also 10 Jahre früher als die EU, seine Treibhausgase loswerden, was aber völlig illusorisch ist, wir schaffen es ja nicht einmal unser Stromnetz anzupassen. Geschweige denn eine Infrastruktur für Wasserstoff, den Energiespeicher der nahen Zukunft, auszubauen.
Günther Nussbaum live auf der Bauen+Wohnen
Abschließend blicken wir gespannt auf die bevorstehenden Vorträge von Günther Nussbaum im Rahmen der „Bauen+Wohnen“ Salzburg Messe. Unter dem Thema „Energie sparen beim Hausbau – Tipps & Tricks“ wird er sein fundiertes Wissen teilen. Markieren Sie sich die Termine:
· Freitag, 09.02.2024, von 14:15 bis 15:45 Uhr
· Samstag, 10.02.2024, von 10:15 bis 11:45 Uhr
Nutzen Sie die Gelegenheit, von den Expertentipps zu profitieren und Ihr Verständnis für energieeffizientes Bauen zu vertiefen. Günther Nussbaum wird sicherlich informative Einblicke und praxisnahe Ratschläge bieten. Wir danken ihm herzlich für dieses aufschlussreiche Interview und wünschen allen Bauinteressierten eine inspirierende und lehrreiche Messeerfahrung auf der „Bauen+Wohnen“ Salzburg.