15. Mai 2024

Autarkie: Wie können Menschen im urbanen Raum unabhängiger leben?

Text von Maja Binder, Content-Trainee

Autarkie bedeutet Unabhängigkeit von anderen oder auch Selbstgenügsamkeit. Ein Mensch kann autark leben, wenn er alles, was er zum Leben braucht, selbst produziert und nichts von außen bezieht. Es ist also die Fähigkeit, sich vollständig selbst zu versorgen und nicht von anderen abhängig zu sein. Das Bedürfnis nach Unabhängigkeit ist ein absoluter Hype der heutigen Zeit. In Zukunft wird der Trend weniger darum gehen, eine vollständige Autarkie zu erreichen, sondern in allen Bereichen etwas unabhängiger zu werden, um in Krisen resilient zu sein. Die Bauen+Wohnen bietet eine Plattform, um sich über das Thema Autarkie zu informieren und auszutauschen. Geschäftsführerin von Wohnwagon Theresa Mai berichtet auf der Bauen+Wohnen Vortragsbühne am 10.02.2024 um 15.40 Uhr aus über 10 Jahren Erfahrung in der Errichtung von autarken Gebäuden. Sie zeigt die Chancen und die Grenzen dieser Systeme auf und gibt Tipps für das eigene Bauprojekt.

Herausforderungen im urbanen Raum autark zu leben

Eine große Herausforderung beim autarken Leben in der Stadt ist der begrenzte Platz. Die meisten Menschen leben in Wohnungen oder kleinen Häusern. Das bedeutet, dass es oft nicht möglich ist, einen eigenen Garten anzulegen oder größere Mengen an Lebensmitteln zu lagern.

Außerdem sind die natürlichen Ressourcen begrenzt. In der Stadt ist es schwieriger, an natürliche Ressourcen wie Wasser, Sonnenlicht und Platz zu gelangen. 

Unabhängig durch „urban gardening“

Der Trend des „urban gardening“ besteht daraus, Gemüse und Kräuter in der Stadt selbst anzubauen und somit nicht auf Lebensmittelgeschäfte angewiesen zu sein. Auf kleinem Raum sind Hochbeete dafür ideal. Ihre Bauweise begünstigt die Speicherung von Feuchtigkeit und Wärme und führen so zu guten Erträgen bei gleichzeitig rückenschonender Arbeitshöhe. Direkter Bodenkontakt ist vorteilhaft - wegen des Kontakts mit den vorhandenen Mikroorganismen - aber nicht unbedingt erforderlich. So kann ein Hochbeet auch auf einer Terrasse oder einem Balkon errichtet werden. Eine gute Drainage - entweder durch eine Kiesschicht oder durch eine leichte Neigung der Fläche - und generell ein sonniger Standort des Hochbeetes sind jedoch vor allem bei undurchlässigem Untergrund wichtig. Holz (unbehandelt), Naturstein oder auch Wellblech bilden in der Regel die Wände des Hochbeetes. Die erste Befüllung des Hochbeetes erfolgt in Schichten. Dazu gehören von unten nach oben: Baum- und Strauchschnitt, Grünschnitt/Rasenschnitt/Laub, Mist sowie halbreifer Kompost und als oberste Schicht Gartenerde gemischt mit reifem Kompost. Der Verrottungsprozess sorgt für eine hohe Dichte an Nährstoffen, welche gute Bedingungen für Wachstum und Ertrag der Pflanzen schaffen.

Eine andere Möglichkeit sind Gemeinschaftsgärten oder Schrebergärten, die man mieten kann. So hat man nicht nur eine Anbaufläche, sondern auch einen grünen Rückzugsort, wenn man eine Auszeit vom lauten Stadtalltag möchte. 

Lebensmittel selbst herstellen

Passend zum „urban gardening“ kann man auch andere Lebensmittel selbst herstellen und somit muss nicht alles im Supermarkt gekauft werden. In den meisten Fällen spart das sogar Geld und ist gesünder. Joghurt zum Beispiel kann selbst hergestellt werden.

Um Verschwendung zu vermeiden, können Lebensmittel außerdem haltbar gemacht werden. Eine gute Möglichkeit dafür ist Fermentieren - und das kann jeder. Nahezu alle Gemüsesorten können mit Fermentation konserviert werden und halten dadurch oft mehrere Jahre. Der pH-Wert wird dabei durch Milchsäurebakterien heruntergesetzt, sodass andere Bakterien nicht überleben. Diese Methode schützt Lebensmittel vor dem Verderben, verleiht ihnen ein ganz neues Aroma und ist zudem gesund für unseren Magen-Darmtrakt.

Autarke Energieversorgung

Energiegewinnung aus fossilen Rohstoffen wird immer teurer und umweltschädlicher. Daher ist es kein Wunder, dass viele Menschen erneuerbare Energiequellen für die autarke Stromversorgung nutzen wollen. Zudem sind Energiegewinnungssysteme auf Basis von Sonne, Wind oder Wasser (fast) unerschöpflich.

Eine große Herausforderung dabei ist, dass es nicht DIE EINE Energieform gibt, die für Unabhängigkeit in der Energieversorgung sorgt. Photovoltaikanlagen auf dem Balkon oder Dach sind zwar vielversprechend, liefern jedoch (zumindest in Mitteleuropa) nur einigen Sommermonaten zuverlässig und ausreichend Strom. Mithilfe von Stromspeichern kann die Energie zwar gespeichert und zu einem späteren Zeitpunkt genutzt werden, jedoch reicht das meist nicht für den gesamten Energieverbrauch. Eine weitere Möglichkeit in der Energieversorgung unabhängiger zu werden sind Windturbinen bzw. Mini-Windkraftanlagen auf dem Dach oder am Balkon zu installieren.

Für den Rest der Energieversorgung kann auf ökologischen Strom aus erneuerbaren Energien gewechselt werden. Die Energieversorgung ist dann zwar nicht vollständig autark, jedoch besteht weniger Abhängigkeit zu begrenzten Rohstoffen und zu politischen Entwicklungen.

Eine Möglichkeit die Wasserversorgung autarker zu gestalten, ist das Sammeln und Filtern von Regenwasser. Dieses kann man über das Dach in Regentonnen ableiten. Regenwasser kann wunderbar zum Gießen der Pflanzen verwendet werden und bringt hier sogar große Vorteile, da es meist verträglicher für Pflanzen ist als Leitungswasser.

Müllvermeidung und Upcycling

Müllvermeidung und Autarkie geht meist Hand in Hand. Sobald man Gemüse aus dem eigenen Garten bezieht, wird Verpackungsmüll, der beim normalen Einkaufsprozess entstanden wäre, gespart. Außerdem gibt es noch weitere Möglichkeiten Müll zu vermeiden. In großen Städten sind Unverpackt-Läden längst keine Neuheit mehr. Hier können Lebensmittel komplett unverpackt erworben werden. Wichtig ist nur, die eigene Verpackung, wie zum Beispiel eine Tupperdose mitzubringen.

Ein weiterer Trend, der gerade aufkommt und mit in das Thema Autarkie fließt ist das Upcycling. Hosen reparieren, statt wegschmeißen, den alten Bürostuhl neu anstreichen, statt zum Sperrmüll zu bringen. Hier bieten sich viele Möglichkeiten, um sich einerseits Geld zu sparen und andererseits ein kreatives Hobby auszuüben. 

Die Selbstversorgung im städtischen Raum ist eine besondere Herausforderung, aber es gibt viele Möglichkeiten, um auch in der Stadt ein unabhängigeres Leben zu führen. Es macht Sinn, sich mit anderen zu vernetzen und gemeinsam Projekte zu starten. Zu einem unabhängigeren und nachhaltigeren Leben können auch die Nutzung erneuerbarer Energien, Müllvermeidung und Selbstversorgung durch Urban Gardening beitragen. Die Bauen+Wohnen Salzburg bietet eine ideale Plattform, um sich zu diesen Themen zu informieren und mit Experten darüber zu diskutieren.

Bilder

jetzt herunterladen
jpg | 111 kB
jetzt herunterladen
jpg | 377 kB